Muß ich meinen Hühnerstall jede Woche säubern? Ich habe von der “Tiefstreu” Methode für Hühner gehört. Wie funktioniert das?


Für mich ist die Tiefstreu der erste wirkliche Schritt in Richtung Hühnerhaltung nach Permakultur-Prinzipien. Die Tiefstreu ist viel mehr als nur ein Schwamm, der Fäkalien aufsaugt – sie ist ein Ökosystem. Das macht einen großen Teil dessen aus, was Permakultur für mich bedeutet: Nutze bestehende Systeme auf Produktive Weise und erschaffe – wenn angemessen – neue, einfache Systeme, die sich in große komplexe Systeme integrieren. Tiefstreu in Ställen ist so ein System. Ein kleines, einfaches, angemessenes, von uns erschaffenes Ökosystem, welches in vielfältiger Weise mit dem uns umgebenden, komplexeren System interagiert.

Zu den vielfältigen Interaktionen komme ich noch. Erst möchte ich aber darüber schreiben, was genau Tiefstreu bedeutet.

If you are around any livestock operation, regardless of species, and you smell manure – you are smelling mismanagement“

Joel Salatin

Mein Lieblingsbauer Joel Salatin sagt hier sinngemäß, dass, wenn Du Dich in einem Viehbetrieb befindest und es nach Mist stinkt, Du schlechtes Management riechst.

Der typische Geruch von Mist, bzw. Gülle ist auf diverse Stickstoffverbindungen zurückzuführen. Ammoniak (NH3) ist wohl die bekannteste darunter. Wir alle kennen wahrscheinlich den Geruch eines guten Komposthaufens, nämlich gar keinen. Ein guter Kompost darf jedenfalls nicht stinken. Und dennoch ist Stickstoff ein wichtiger Bestandteil eines jeden Komposthaufens.

Warum stinkt also Stickstoff im Misthaufen, aber nicht im Kompost?

Die Antwort ist Kohlenstoff. Wenn ausreichend Kohlenstoff im Verhältnis zum Stickstoff vorhanden ist (~30:1 C:N), bindet der Kohlenstoff (aufgrund chemischer Zusammenhänge, die mir hoffentlich mal jemand erklärt :D) den gesamten Stickstoff, so dass keine Stickstoffhaltigen Gase mehr entstehen können. Somit ist die Quelle des Gestanks eliminiert.

Tiefstreu ist also eine Schicht aus kohlenstoffhaltigem Material auf dem Boden des Hühnerhauses, die, wenn möglich bis zu 45 cm tief werden kann. 15cm ist das Minimum, um als Tiefstreu zu gelten. Das Hühnerhaus bekommt also einen langsam verrottenden Kompost als Fußboden. Das C-N Verhältnis sollte hier deutlich über den 30 Teilen C zu einem Teil N liegen, so dass ausreichend Kohlenstoff vorhanden ist, um den täglich anfallenden, stickstoffreichen Hühnermist zu binden.

Die Regel ist hier: Sobald Du auch nur einen Hauch von Ammoniak wahrnimmst, füge eine ordentliche Schicht Streu hinzu.

Versuche die Situation zu beobachten, so dass Du beim nächsten mal schon neue Streu hinzufügst, bevor Du den Geruch wahrnehmen kannst. Hühner haben empfindliche Atemwege und schon geringe Konzentrationen von Ammoniak, die wir noch nicht wahrnehmen, können schädlich sein.

Als Material eignet sich alles, was einen hohen Kohlenstoffgehalt hat und einigermaßen fein ist.

Zum Beispiel:

  • Holzhackschnitzel
  • Trockenes Laub
  • Hobelspäne
  • Sägemehl
  • Stroh (bedingt)
  • Maishäcksel
  • Nussschalen etc. etc…

Was immer für Dich am einfachsten und billigsten zu bekommen ist, sollte ausreichen. Hauptsache es ist reich an Kohlenstoff und nicht grün. Grünes Holz und Laub begünstigen das Wachstum von Schimmel. Stroh ist ebenso problematisch, wenn Dein Hühnerhaus einen Erdboden besitzt. Durch die zusätzliche Feuchtigkeit des Erdreichs kann im Stroh Aspergillus Schimmel entstehen, der die Atemwege der Hühner schädigt. Hast Du ein Hühnerhaus mit einem Boden aus Holz oder Beton, kannst Du Stroh als Einstreu benutzen.

Ein Erdboden hat den Vorteil, dass die Mikroorganismen aus dem Erdreich in die Streu wandern können. (Achtung: schütze die Hühner vor grabenden Fressfeinden, wenn nötig) Das ist ein bisschen wie der Unterschied zwischen einem Komposthaufen und einer Tonne, in der Pflanzenreste entsorgt werden. Der Komposthaufen mit Erdkontakt funktioniert einfach besser.

Hast Du bereits ein Hühnerhaus mit festem Boden, mach Dir nicht die Mühe, den Boden mühsam zu entfernen, oder gar ein neues Hühnerhaus zu bauen. Gib stattdessen etwas aktiven Kompost in die erste Schicht Streu (Würmer inklusive). So bekommst Du einen ähnlichen Effekt.

Die Mikroben, die für die Kompostierung zuständig sind, benötigen neben C und N auch Wasser und Sauerstoff. Die nötige Feuchtigkeit wird in der Regel durch den Hühnermist selbst bereitgestellt. Problematisch wird es eher, wenn die Streu zu nass ist. Dies begünstigt das Wachstum von pathogenen Keimen und hemmt die (aerobe) Kompostierung. Das Material zur Einstreu sollte so trocken wie möglich sein, ohne dabei zu stauben.

Wenn die Streu im Stall zu nass ist, ersetze und/oder ergänze sie durch trockene Streu und mache die Quelle der Feuchtigkeit ausfindig. Oft ist eine Tränke die Quelle, oder das Erdreich ist nach langem Regen zu feucht. Eine Drainage kann evtl. notwendig sein.

Den nötigen Sauerstoff bringen die Hühner durch das Scharren in das Material ein. Sie wenden den Kompost für uns.

Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass die Tiefstreu der Erzeugung von Kompost dient. Du bekommst schneller besseren Kompost mit einem Komposthaufen. Fertiger Kompost ist jedoch einer der positiven Nebeneffekte von Tiefstreu.

Das bringt mich zu den oben angesprochenen Interaktionen mit dem uns umgebenden System.

Du bekommst also Kompost, den Du als Dünger und Bodenverbesserer in Deinem Garten, oder auf Deinen Weiden und Feldern einsetzten kannst. Du speicherst in der Tiefstreu die Nährstoffe, die von den Hühnern ausgeschieden werden und erzeugst ein lebendiges Ökosystem voll von hilfreichen Mikroorganismen.

Hier liegt die wahre Magie der Tiefstreu. Eine aktive positive Mikrobiologie ist ein besserer Schutz vor diversen Krankheiten, als regelmäßige Desinfektion des Stalles. Kompostierende Mikroorganismen erzeugen die Vitamine K und B12 und andere Immunstimulierende Substanzen, welche von den Hühnern aufgenommen werden, da sie immer etwas interessantes in der Tiefstreu finden und essen.

Eine Studie aus dem Jahr 1949 zeigt eine deutlich geringere Mortalitätsrate von Küken und eine höhere Gewichtszunahme von Masthähnchen auf gut gereifter Tiefstreu im Vergleich zu frischer Streu.

Ussery beschreibt diesen Effekt als Alchemie. „Was als abstoßend und krankheitserregend begann, wurde in eine gesundheitsfördernde Substanz verwandelt.“

Tiefstreu sollte also so lange wie möglich im Stall verbleiben, da die mikrobielle Aktivität über die Zeit zunimmt. Wenn Du ausmistest, weil Du Dir im Stall ständig den Kopf stößt ;), oder Du Kompost benötigst, dann solltest Du so viel von der „reifen“ Streu wie möglich im Stall belassen, damit diese positiven Effekte nicht verloren gehen.

Die Auswirkungen der Tiefstreu sind mannigfaltig und wahrscheinlich noch nicht alle erkannt.

  • Durch die biologische Aktivität in der Streu sind die Hühner gesünder, haben eine größere Auswahl an potenziellen Nahrungsmitteln, nehmen wichtige Vitamine auf und sind aktiver, da das Scharren in einem interessanten Medium mehr Spaß macht.
  • Dadurch legen sie nährstoffreichere Eier und das Fleisch wird besser.
  • Deine Futterkosten sinken und Du hast weniger Probleme mit kranken Tieren.
  • Du bekommst nährstoffreichen Kompost (Vorsicht vor Überdüngung).
  • Dieser Kompost ist voll von Mikroorganismen, die das Ökosystem bereichern.
  • Dadurch wird Dein Garten produktiver und Deine Familie gesünder.
  • Der Hühnerstall stinkt nicht, was gut ist für Hühner, Halter und Nachbarn.
  • Du musst viel seltener ausmisten.

Du siehst, dass eine kleine Veränderung sehr weitreichende Auswirkungen haben kann.

In beinahe 30 Jahren Benutzung von Tiefstreu hat Ussery nur zwei Nachteile ausfindig machen können. Beide haben mit dem Erdboden unter der Streu zu tun.

Das erste Problem ist erhöhte Feuchtigkeit in der Streu bei extremen Regenfällen (kam in 30 Jahren einmal vor). Die Lösung bestand für Ussery in einer erhöhten Gabe sehr trockener frischer Streu.

Das andere potenzielle Problem der grabenden Räuber und Futterdiebe hat er von vornherein durch ein 45cm tief in den Boden reichendes Drahtgeflecht unter dem Fundament des Stalles eliminiert.

Ich tue mich schwer, für diesen Abschnitt ein Fazit zu finden, ohne mich zu wiederholen.

Tiefstreu ist super. Du hast weniger Arbeit und mehr Vorteile als ohne. Die wenigen Nachteile sind leicht zu umgehen und kein wirkliches Hindernis.

Probier’s doch mal aus.

 

Dieser Artikel ist hier http://permakulturblog.de/huehner-im-garten-23-tiefstreu-und-futter/ zu finden. Vielen Dank an die Verfasser, ihre Gedanken ohne Kopierschutz zur Verfügung zu stellen. Thumbs up! Wir hoffen, uns durch den Link revanchiert zu haben.

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